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Channel: katias blog » artist pension trust
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endlich geld fürs klüngeln

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als ich vor ein paar tagen das erste mal vom APT gelesen hab, eine organisation die vor 10 jahren gegründet wurde, hat es mich nicht besonders verwundert. ich bin es gewohnt, immer ein paar jahrzehnte später als andere von den wesentlichen dingen zu erfahren.

der APT ist eine art globaler kunst-investment-fonds, der gerade 10.000 arbeiten auf den markt wirft und in diesem zusammenhang brachte die amerikanische forbes einen artikel, über den ich auf meiner facebook-timeline stolperte.

APT bedeutet „artist pension trust“ und funktioniert so: weltweit zahlen 1500 ausgewählte künstler eigene arbeiten in diesen fonds ein. binnen eines festgelegten zeitraumes von 20 jahren verpflichtet sich jedes mitglied, 20 arbeiten abzutreten, macht nach 20 jahren 30.000 einzelarbeiten.
die werden dann prominent platziert d.h. sie werden auf austellungen gezeigt, in museen, kunstvereinen und anderen etablierten ausstellungshäusern untergebracht, sodass sie im wert steigen. dann werden sie verkauft.
ca. 30% geht an die mitarbeiter des fonds, 40% an die künstler und der rest wird anteilig an alle beteiligten 1500 künstler ausgeschüttet.
der name des fonds, „artist pension trust“, suggeriert die „gute sache“, in diesem fall die sicherung der rente der beteiligten künstler.

wenn man allerdings gelesen hat was michael lingner, professor für kunsttheorie an meiner alten hochschule, der hfbk hamburg, dazu zu sagen hat wird das ganze schon etwas komplexer. in dem 2006 in der taz veröffentlichten artikel, Die Wölfe fressen Kreide, schreibt er:

In der Öffentlichkeit wird der APT – eine nach dem Recht der British Virgin Islands gegründete Gesellschaft – als innovatives Modell zur Alterssicherung von Künstlern dargestellt. Sie sollen ihre Arbeiten in den Fonds einbringen und darauf hoffen, dass sich durch Wertsteigerungen aufgrund optimierter Nutzungs- und Verkaufsstrategien für sie besondere Gewinne realisieren lassen. Doch tatsächlich besteht die Geschäftsidee des APT wie bei allen so genannten Private Equity Fonds darin, den Investoren eine hohe Rendite zu verschaffen.
[…]
Was dem Investor, Künstler oder Kurator als rein finanzielle Privatangelegenheit erscheinen mag, kann für den gesamten öffentlichen Kunstdiskurs und -betrieb fatale Folgen haben. Denn die ohnehin bestehende Neigung zur Unterdrückung freimütiger Wertungen wächst auch im Betriebssystem Kunst weiter, wenn befürchtet werden muss, dass sich Kritik generell als geschäftsschädigend auswirkt oder so aufgefasst werden kann. Entscheidungen über künstlerische Projekte und Karrieren fallen dann unter dem beschränkten Gesichtspunkt, was strategisch für die eigene Positionierung und die der anderen Trusties am günstigsten erscheint. Sofern dabei überhaupt noch diskutiert wird, dient jegliches Argumentieren nur noch der reinen Rationalisierung des vorab Gewussten und Gewollten statt einer möglichst sachgerechten wie unabhängigen und wirklich (ergebnis-)offenen Entscheidungsfindung und -begründung.
[…]
Darüber hinaus wächst durch einen so potenten Akteur wie APT unweigerlich die Wahrscheinlichkeit, dass so genannte Netzwerke aus Gefälligkeiten, Abhängigkeiten und Verpflichtungen das Kunstsystem weiter durchseuchen und sich auf kartellkonforme Konsense verständigen. Besonders bedenklich wird das dann, wenn Funktionsträger von APT zugleich Entscheidungsträger in Kunstinstitutionen oder -projekten sind, die ganz oder teilweise aus öffentlichen Geldern finanziert werden. Da sie ihre Stellung für die Interessen des APT einsetzen können, liegt die mögliche missbräuchliche Vermischung mit privaten Interessen auf der Hand.

außer herrn lingner scheint das thema allerdings nicht allzuviele interessiert zu haben. im netz findet man fast nichts zu den genaueren details und der bedeutung die diese geldgierige krake für den kunstbetrieb und die kunst ansich hat.
offenbar ist sogar auch der wikipedia-eintrag reine PR ohne jegliche hinweise auf kritische stimmen.

umso verwunderlicher – schliesslich braucht man bloss auf der APT webseite nachschauen: dort werden die lebenläufe aller kuratoren einzeln vorgestellt. man kann ganz leicht nachvollziehen, welcher APT künstler in welchem staatlich finanzierten museum untergebracht wurde und von wem.
auf diese weise ist warscheinlich auch der bericht in der thing hamburg von michel chevalier entstanden der davon berichtet, dass der ehemalige hamburger kunstvereinsdirektor yilmaz dziewior, der zur selben zeit auch am APT prozentual beteiligt war, während seiner amtszeit 15 APT künstler im kunstverein ausgestellt hat:

Dziewior has, however, exhibited 15 APT teammates since the fund was launched in 2004, his (in)famous Formalismus. Moderne Kunst, heute exhibition counting 7 of 25 artists in the trust.
Apparently under pressure from the board, Dziewior resigned from the trust this past Fall, but questions about the program Hamburg has been treated to under his mantle remain.

es ist schon fast zynisch dass auch die zukünftige leiterin des hamburger kunstvereins, bettina steinbrügge, auf der APT gehaltsliste webseite steht.

aber der APT hat die ausbeutung und korruption im kunstmarkt nicht erfunden. der markt ist durchtränkt mit intransparenten kartellartigen strukturen. und das wird auch so bleiben solange die künstler mitmachen. solange die, die profitieren, den mund halten und die, die nicht profitieren, in der hoffnung, das blatt könne sich vielleicht eines tages wenden, auch.

michael lingner hat in seinem archiv noch jede menge solcher erhellenden texte zum thema. sehr lesenswert:

mich haben auch seine gesprächsbeiträge bei der sendung „lampenfieber“ von 2008 auf hamburg1 zur problematik der vergabepraxis von fördermitteln und kunstpreisen sehr begeistert. (es gibt zwei gesprächsblöcke, der erste von 01:26 bis 14:26 und der zweite von 32:56 bis 39:00).

ich hätte im studium definitiv öfter zu lingner gehen sollen.


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